Angela Merkel spricht offenbar mit gespaltener Zunge. Hat die Bundeskanzlerin doch vor kurzem noch erklärt, dass das Dublinabkommen unzeitgemäß sei und in einer Art und Weise dahingehend Stellung bezogen, die selbst der Opposition Respekt abverlangte, dass wir alle Flüchtlinge aufnehmen würden, so spricht der in ihrem Namen einreichte Gesetzesentwurf, der am Donnerstag wohl vom Bundestag verabschiedet wird, eine deutlich andere Sprache. Hierin wird nicht nur explizit auf das Dublinabkommen verwiesen, sondern die hiervon betroffenen Flüchtlinge werden in einer Art und Weise schlechter gestellt als bisher, wie man es sich kaum vorstellen kann. Die mittlerweile drei Dublin-Verordnungen bestimmen, in welchem Land ein Flüchtling seinen Asylantrag stellen kann. In der Regel ist dies das Land, in dem er erstmals den Boden der EU betreten hat. Nimmt man die Flüchtlinge aus sicheren Drittländern, deren Liste im zu verabschiedendem Gesetz noch einmal erweitert wird, heißt dies, dass so gut wie alle Flüchtlinge in Deutschland nicht asylberechtigt sind und entsprechend der nachfolgenden Regeln behandelt werden.
Kasernierung und Notversorgung
So sind diese Menschen verpflichtet, bis zur Ablehnung ihres Asylantrages und bis zur Abschiebung im Erstaufnahmelager zu verbleiben. Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes sind innerhalb einer Woche zu stellen, schieben die Anordnung zur Abschiebung aber nicht auf.
Bis zur Ausreise bzw. ihrer Abschiebung erhalten sie keine Leistungen mehr nach den §§ 2, 3 und 6 des Asylbewerberleistungsgesetzes, sondern nur noch die notdürftigste Versorgung als Sachleistungen oder in Form von Gutscheinen. So entfallen zum Beispiel die Sonstigen Leistungen nach § 6. Die Sachleitungen sind bereits jetzt darauf beschränkt, nicht unmittelbar zu verhungern. Wie diese aussehen, davon kann man sich ein Bild machen, wenn man sich ansieht, was in den Ausnahmefällen gezahlt wird, wenn Geldleistungen erbracht werden. So erhält ein alleinstehender Erwachsener für seinen Lebensunterhalt 143 Euro im Monat, weitere Erwachsene ohne eigenen Haushalt 111 Euro, Jugendliche 85 Euro und Kinder bis zur Vollendung des 6. Lebensjahres 84 Euro. Wohlgemerkt, das ist nicht etwa Taschengeld. Das soll für die gesamte Lebensführung reichen. Natürlich wird es nur in Einzelfällen zu diesen Geldzahlungen kommen, aber hieraus ist ersichtlich, welche Sachleistungen man den Flüchtlingen bis zu ihrer Abschiebung zugesteht.
Mit diesen restriktiven Maßnahmen sollen Asylbewerber abgeschreckt werden. Ausgenommen von diesen Maßnahmen sind nur Flüchtlinge, die sich ein Flugticket leisten können oder über Nord- bzw. Ostsee nach Deutschland schwimmen.
Wie sagte Angela Merkel bei Anne Will? …dann ist das nicht mehr mein Land!
Drucksache 18/6185
Entwurf eines Asylverfahrensbeschleunigungsgesetzes
(Auszüge)
Artikel 1 Änderung des Asylverfahrensgesetzes
§ 29a Punkt 10. Dem § 34a Absatz2 werden die folgenden Sätze angefügt:
„Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots durch das Bundesamt nach § 11 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes sind innerhalb einer Woche nach
Bekanntgabe zu stellen. Die Vollziehbarkeit der Abschiebungsanordnung bleibt hiervon unberührt.“
15. § 47 wird wie folgt geändert: b) Nach Absatz 1 wird folgender Absatz 1a eingefügt: „(1a) Abweichend von Absatz 1 sind Ausländer aus einem sicheren Herkunftsstaat (§ 29a) verpflichtet, bis zur Entscheidung des Bundesamtes über den Asylantrag und im Falle der Ablehnung des Asylantrags nach § 29a als offensichtlich unbegründet oder nach § 27a als unzulässig bis zur Ausreise oder bis zum Vollzug der Abschiebungsandrohung oder -anordnung in der für ihre Aufnahme zuständigen Aufnahmeeinrichtung zu wohnen.
Artikel 2
Änderung des Asylbewerberleistungsgesetzes
2. § 1a wird wie folgt geändert: a) Der bisherige Wortlaut wird Absatz 1.b)
Die folgenden Absätze 2 und 3 werden angefügt: „(2) Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 5, denen eine Ausreisefrist nicht gewährt wurde oder bei denen diese abgelaufen ist, haben keinen Anspruch mehr auf Leistungen nach den §§ 2, 3 und 6, es sei denn, sie waren unverschuldet an der Ausreise gehindert. Ihnen werden bis zu ihrer Ausreise oder der Durchführung ihrer Abschiebung nur noch Leistungen zur Deckung ihres Bedarfs an Ernährung und Unterkunft einschließlich Heizung sowie Körper- und Gesundheitspflege gewährt. Nur soweit im Einzelfall besondere Umstände vorliegen, können ihnen auch andere Leistungen im Sinne von § 3 Absatz 1 Satz 1 gewährt werden. Die Leistungen sollen als Sachleistungen erbracht werden.
(3) Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 1 oder 5, für die in Abweichung von der Regelzuständigkeit nach der Verordnung (EU) 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (ABl. L 180 vom 29.6.2013, S. 31) nach einer Verteilung durch die Europäische Union ein anderer Mitgliedstaat oder die Schweiz zuständig ist, erhalten ebenfalls nur Leistungen nach Absatz 2.“
3. § 3 wird wie folgt geändert: a) Die Absätze 1 und 2 werden wie folgt gefasst:
„(1) Bei einer Unterbringung in Aufnahmeeinrichtungen im Sinne von § 44 Absatz 1 des Asylgesetzes erhalten Leistungsberechtigte nach § 1 Leistungen zur Deckung des Bedarfs an Ernährung, Unterkunft, Heizung, Kleidung, Gesundheitspflege und Gebrauchs- und Verbrauchsgütern des Haushalts (notwendiger Bedarf). Der notwendige Bedarf wird durch Sachleistungen gedeckt. Kann Kleidung nicht geleistet werden, so kann sie in Form von Wertgutscheinen oder anderen vergleichbaren unbaren Abrechnungen gewährt werden. Gebrauchsgüter des Haushalts können leihweise zur Verfügung gestellt werden. Zusätzlich werden ihnen Leistungen zur Deckung persönlicher Bedürfnisse des täglichen Lebens gewährt (notwendiger persönlicher Bedarf). Diese sollen durch Sachleistungen gedeckt werden. An ihrer Stelle können, wenn nach den Umständen erforderlich, auch Leistungen in Form von Wertgutscheinen, von anderen vergleichbaren unbaren Abrechnungen oder von Geldleistungen gewährt werden. Werden alle notwendigen persönlichen Bedarfe durch Geldleistungen gedeckt, so beträgt der Geldbetrag zur Deckung aller notwendigen persönlichen Bedarfe monatlich für
1. alleinstehende Leistungsberechtigte 143 Euro,
2. zwei erwachsene Leistungsberechtigte, die als Partner einen gemeinsamen Haushalt führen, je 129 Euro,
3. weitere erwachsene Leistungsberechtigte ohne eigenen Haushalt 113 Euro,
4. sonstige jugendliche Leistungsberechtigte vom Beginn des 15. und bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres 85 Euro,
5. leistungsberechtigte Kinder vom Beginn des siebten bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres 92 Euro
6. leistungsberechtigte Kinder bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres 84 Euro.