Programmentwurf wird dem Anspruch gerecht

Der Parteivorstand der LINKEN hat einen Entwurf des Bundestagswahlprogramms vorgelegt, den man im Bereich Sozialpolitik getrost als Zeitenwende bezeichnen kann. Waren zu Zeiten der PDS die Forderung nach Abschaffung von Hartz IV und Ersetzung durch eine Mindestsicherung noch klar und deutlich, so wurden diese in den Wahlprogrammen unter dem Namen DIE LINKE immer aufgeweichter.

Wahlprogramm 1998 (PDS): „wir wollen eine soziale Grundsicherung für alle.“
Wahlprogramm 2002 (PDS): „Wir wollen in der Arbeitslosenunterstützung eine steuerfinanzierte Grundsicherung einführen.“
Wahlprogramm 2005 (PDS und WASG): „Jede und jeder, auch jede Familie mit Kindern darf nach Einführung der Grundsicherung nicht weniger im Monat zur Verfügung haben als 60 Prozent des durchschnittlichen Haushaltseinkommens vergleichbarer Familien im Land.”
Anm.: (wären heute je nach Auslegung zwischen 1.050 und 1.150 Euro bei Einzelpersonen)
Wahlprogramm 2009 (DIE LINKE): „Perspektivisch setzen wir auf die Einführung einer bedarfsdeckenden und sanktionsfreien Mindestsicherung“
Wahlprogramm 2013 (DIE LINKE): „Stattdessen soll mittelfristig eine bedarfsdeckende, sanktionsfreie Mindestsicherung eingeführt werden.“

2009 und 2013 wurde also auf perspektivisch bzw. mittelfristig und ohne Aussage zur Höhe gesetzt. Und dies noch 2013, obwohl es seit 2012 einen klaren Beschluss des Bundesparteitages zur Forderung einer sanktionsfreien Mindestsicherung von mindestens zurzeit 1.050 Euro gibt. Ebenso wie zu einer Mindestrente von 1.050 Euro. Beide Beschlüsse erfolgten auf Initiative der Bundesarbeitsgemeinschaft Hartz IV, die die Beträge anhand einer umfangreichen Studie ermittelt hatte.

Im jetzt vorliegenden Entwurf bekennt sich der Parteivorstand klar zu den Beschlüssen von 2012. So heißt es unter Anderem:

Armut abschaffen, statt die Armen zu bedrängen: soziale Garantien des Lebens. Wir schaffen das Hartz IV-System ab und ersetzen es durch eine Mindestsicherung ohne Sanktionen und Kürzungsmöglichkeiten in Höhe von 1.050 Euro.  Sie gilt für Erwerbslose, aufstockende Erwerbstätige, Langzeiterwerbslose und Erwerbsunfähige.

Diese Mindestsicherung sichert sowohl erwerbsfähige als auch nicht erwerbsfähige Erwachsene, z.B. Erwerbsminderungsrentnerinnen und -rentner. Zusätzlich fordern wir:

Sonderbedarf, z.B. für chronisch Kranke, Menschen mit Behinderungen, werden im Rahmen der Solidarischen Gesundheitsversicherung bzw. des Bundesteilhabegesetzes gewährt.

Bei Bedarf wird zusätzlich ein Wohngeld (Bruttowarmmiete) gezahlt.

Wir setzen uns für eine Mindestsicherung für alle dauerhaft in Deutschland lebenden Menschen ein. Das Asylberwerberleistungsgesetz wird abgeschafft. Asylbewerberinnen und Asylbewerber und hier lebende EU-Bürgerinnen und EU-Bürger werden in die Mindestsicherung einbezogen.

Wir wollen, dass die Leistungen jährlich entsprechend der Lebenshaltungskosten angehoben werden. Einmal in der Legislaturperiode wird das Mindesteinkommen anhand der Armutsrisikogrenze und anhand eines Warenkorbs überprüft.

und

Niemand darf im Alter arm sein – egal ob nach einem Leben in Erwerbsarbeit, durch Berufsunfähigkeit oder Zeiten von Arbeitslosigkeit oder Kindererziehung. Niemand darf gezwungen sein, zum Überleben Pfandflaschen zu sammeln. Wir wollen eine solidarische Mindestrente von 1.050 Euro im Monat – darunter droht Armut.

sowie

Das BAföG muss an die Lebenswirklichkeit angepasst werden und vor Armut schützen. Wir setzen uns für ein elternunabhängiges, rückzahlungsfreies BAföG in Höhe von 1.050 Euro ein.

Also endlich ein durchgängiges Konzept, nach dem kein erwachsener Mensch in Deutschland mit weniger als 1.050 € im Monat auskommen muss. Ganz wichtig bei diesen Formulierungen ist, dass im Gegensatz zu Versuchen von Teilen der BT-Fraktion, weiter mit Regelsatz und Kosten der Unterkunft zu rechnen, hier pauschal 1.050 Euro netto gefordert werden. Ganz wichtig deshalb, weil nur so konsequent mit der Hartz-Logik gebrochen wird. Aus der Drangsalierung kommen die Betroffenen nur dann, wenn sie in die Lage versetzt werden, so zu handeln wie jeder Mensch, der ein Nettoeinkommen von 1.050 Euro durch Erwerbsarbeit hat. Niemand würde auf die Idee kommen, Letzterem vorzuschreiben, wie viel er von diesem Geld für seine Wohnung ausgeben darf.

War es bei den letzten Wahlprogrammen jeweils so, dass der erste Entwurf durch Änderungsanträge zumindest in die Nähe der Beschlusslage gebracht werden musste, so wird darauf zu achten sein, dass er dieses Mal nicht durch solche wieder aufgeweicht wird. Aus Kreisen der BT-Fraktion hört man, dass dies geplant ist. Gleiches gilt auch für die dieses Mal unmissverständliche Forderung nach einem Mindestlohn von 12 Euro und die Kindergrundsicherung für alle Kinder, die bereits in unserem Grundsatzprogramm festgeschrieben ist, in Höhe von 564 Euro. Hier findet sich allerdings ein Ansatz für eine notwendige Änderung, da diese erst als 2. Schritt geplant ist.

Auch wenn man die Passagen zu Arbeit, Mieten, Gesundheit und Bildung liest, wird dieser Entwurf erstmals in vollem Umfang dem Anspruch seines Titels gerecht

„Die Zukunft, für die wir kämpfen: Sozial. Gerecht. Für alle.

Programmentwurf