Bundesagentur pflegt ihr schlechtes Image

Seit einiger Zeit kursieren Berichte über ein Problem der Umstellung bei der Bundesanstalt für Arbeit auf die neue Software ALLEGRO. Gestützt auf Informationsblätter einzelner Jobcenter, in denen es heißt: „Nach der Umstellung auf das neue Softwaresystem sind Vorschüsse nach § 42 SGB I nicht mehr möglich.“

Neue Württembergische Zeitung

Dies wäre allerdings ein Gesetzesverstoß, begründet mit einer Software, die einer Behörde die Einhaltung der Gesetze nicht ermögliche. Bei allen Vorbehalten, die ich gegen die Arbeitsagentur habe, konnte ich mir so etwas einfach nicht vorstellen und habe deshalb bei der BA nachgehakt. Die Antwort (unten) bestätigte auch meine Einschätzung. Nun hätte ich aber erwartet, dass die Bundesagentur den durch Fehlinformationen ihrer Jobcenter entstandenen weiteren Imageschaden durch eine Presseerklärung in Grenzen halten wolle. Aber nichts dergleichen geschieht. Angesichts einer ähnlichen Situation vor einigen Jahren

Missbrauchsfälle nehmen ab

drängt sich bei mir der Eindruck auf, es läge im Interesse der Bundesagentur, dass zum Einen ihre „Kunden“ diffamiert und sie selbst als bösartig willkürlich von den Hartz – Betroffenen angesehen wird. Und nimmt dabei in Kauf, dass es in Verbindung mit Fehlverhalten von Jobcenter-Mitarbeitern zu Gewaltausbrüchen kommt.

2009 weigerte sich die Bundesagentur, die in allen großen Medien falsche Berichterstattung richtig zu stellen.

Kein Dementi der Bundesagentur für Arbeit

Kann es sein, dass hier zynisch spekuliert wird, dass, wer von einer Behörde abhängig ist, die ihre Macht demonstrativ gegen die Menschen richtet, ohnehin nichts von ihr erwartet und mit Wut und Verzweiflung alles hinnimmt?

 

Klarstellung der falschen Infoblätter mehrerer Jobcenter:

Lieber Herr Schulten,

beigefügt die Rückmeldung aus dem Fachbereich

Vorschüsse nach § 42 SGB I sind weiterhin möglich.

Bei den von den u. a. Jobcentern herausgegebenen Informationsblättern handelt es sich in dieser engen und abschließenden Darstellung um eine Fehlinformation, da Vorschüsse im Sinne von § 42 SGB I, also Zahlungen auf bereits fällige Ansprüche, die nur eben der Höhe nach noch nicht feststehen, selbstverständlich auch mit ALLEGRO abgewickelt werden können.

Ich möchte Ihnen gerne das Systemverhalten und die Vorgehensweise in ALLEGRO bei “Vorschusszahlungen” im nicht-rechtlichen Sinne anhand eines Praxisbeispiels erläutern:

Beispiel:

Leistungsberechtigte sollen ihren Lebensunterhalt eigenverantwortlich mit dem Arbeitslosengeld II bestreiten. Viele Leistungsberechtigte gehen mit dem Regelbedarf entsprechend verantwortlich um. Dennoch sprechen in den Jobcentern häufig Leistungsberechtigte vor Monatsende hilfesuchend beim Jobcenter vor, weil – verschuldet oder unverschuldet – ein kurzfristiger finanzieller Engpass vorliegt und die Leistungen für den laufenden Monat bereits aufgebraucht sind. Es stellt sich also die Frage nach einer “Vorschuss”zahlung.

Wie erfolgt die aktuelle Systemunterstützung in A2LL?

In A2LL kann in der Zahlungsübersicht auch eine noch nicht fällige Zahlung (ggf. auch nur teilweise) als fällig gekennzeichnet und ausgezahlt werden.

Welche Möglichkeiten bietet ALLEGRO?

Da das A2LL-Vorgehen rechtlich problematisch ist, da nicht fällige Zahlungen zu fälligen gemacht werden können, erfolgt hier keine diesbezügliche Unterstützung durch ALLEGRO. Rechtlich einwandfrei besteht derzeit aber die Möglichkeit einer Leistungsgewährung nach § 24 Absatz 1 SGB II als Darlehen. Dafür muss allerdings im Einzelfall geprüft werden, ob die Voraussetzungen dieser Bestimmung erfüllt sind.

Uns ist es ein wichtiges Anliegen, dass wir uns in unserer täglichen Arbeit auf die Belange unserer Kundinnen und Kunden konzentrieren und die Arbeit vor Ort mit einem anwenderfreundlichen und rechtskonformen Fachverfahren unterstützen. Aufgrund der aktuellen Rechtslage war eine andere Umsetzung in ALLEGRO aber nicht möglich, auch wenn die Darlehensgewährung (z. B. bei einem unabweisbaren Bedarf nach § 24 Abs.1 SGB II) samt Rückabwicklung sich im Einzelfall im Vergleich zu A2LL als aufwändiger darstellt.

Kurz gesagt führt ALLEGRO die Anwender an dieser Stelle etwas enger, als dies A2LL getan hat. Es stellt die Einhaltung der rechtlichen Bestimmungen allgemein, aber auch hier in etwas stärkerem Maß sicher, als dies mit A2LL möglich war. An vielen anderen Stellen, wo es um die optionale Ausgestaltung der örtlichen Abläufe in der Leistungsgewährung geht, wird ALLEGRO im Verhältnis zu A2LL hingegen höhere Freiheitsgrade ermöglichen.

Perspektivisch werden voraussichtlich durch den Gesetzgeber weitere Möglichkeiten geschaffen, um zur Vermeidung unbilliger Härten angemessene Abschlagszahlungen außerhalb der Darlehensgewährung zu leisten. Ein entsprechender Rechtsänderungsvorschlag liegt der AG Rechtvereinfachung im SGB II der ASMK bereits vor, der bei entsprechender Verabschiedung durch den Gesetzgeber dann selbstverständlich auch im Fachverfahren ALLEGRO Berücksichtigung finden wird.

Mit freundlichen Grüßen

Anja Huth

Vorstandsbüro Heinrich Alt

Persönliche Referentin